17 // STRESSTEXT

SOOKEE // QUING // 2010

es ist so stickig hier drin

dicht an dicht stapeln sich quader randvoll mit ausgeatmeter luft und ergebnisprotokollen

die wände sind tapeziert mit to-do-listen und evaluationsbögen

im eingangsbereich surrt ein scanner, der dafür sorgt, dass kein gedanke ein- oder ausdringen kann ohne auf tauglichkeit geprüft, zu clustern gebündelt und systematisiert worden

projekte wie projektile schießen durch die gallertartige luft

kein quadratmillimeter, der nicht genutzt ist, um einer arbeitsgruppe eine werkstatt zu bieten

das öl in der heizung hat keine aufgabe mehr: alles ist so in bewegung, dass es sich selbst erhitzt

es ist stickig hier drin

die finger wimmern wenn sie auf die abgewetzten tasten niederprasseln

sie wollen ruhen, mal eine weiche haut befühlen

die nervenbahn zwischen der kognitiven schaltstelle und der körperexekutive steht unter strom und führt aus und aus

alles ist dicht auf effizienz gekämmt

ausschuss und verschnitt werden eingearbeitet, bis nichts über bleibt

ideenrecycling rettet die umwelt

aber es ist so stickig

einmal das zeitfenster weit öffnen und inhalieren

ein kleines lila gardinchen häkeln

bunte ränder um die post-its schnörkeln

die ordnung in den urlaub schicken

ein paar zusätzliche feiertage, ganz unreligiös und für die muße

bisschen rumliegen, ein paar schöne gedanken fassen und wieder loslassen

hinterhersehen, wenn er schon davon fliegt

an der nasenspitze strömt luft vorbei, kitzelt, die bauchdecke hebt und senkt sich

die uhr im hintergrund tickt in rhythmen, klingt nicht so als schritte sie voran

das zahnrad macht sich locker, klickt, off beat

eine kleine melodie summt sich selbst zwischen den stimmbändern hervor und meandert

bald nach rechts bald links. ein pirouttchen für vorher - eins für nachher